ESG-News
Aachener Grundvermögen entwickelt App zur Datenaufnahme in Gebäuden
Von Jürgen Hagen, Stabsstellenleiter ESG-Management
Um die energetische Optimierung einzelner Immobilien effektiv durchzuführen, ist es zunächst erforderlich, die Datengrundlage des Gebäudebestandes zu verbessern und insbesondere im Bereich energetisch relevanter Bauelemente und der technischen Gebäudeausrüstung den genauen (energetischen) Ist-Zustand aller Assets in einem Fonds zu ermitteln. Erst nach dieser gründlichen Analyse können angemessene Maßnahmen zur Optimierung abgewogen und festgelegt werden. Es ist zudem von entscheidender Bedeutung, den tatsächlichen Energieverbrauch eines Gebäudes bzw. einer Nutzungseinheit zu kennen, die Effizienz der vorhandenen Gebäudetechnik zu prüfen und etwaige Schwachstellen zu identifizieren. Erst dann lassen sich gezielt Verbesserungen vornehmen. Durch eine präzise, digitale Bestandsaufnahme schaffen wir diese Grundlage, um nachhaltige, d.h. zukunftsorientierte Lösungen für die energetische Optimierung der Immobilien umzusetzen.
Hierfür entwickelt unsere Stabstelle ESG-Management derzeit eine eigene Anwendung für mobile Endgeräte zur digitalen Erfassung und Darstellung von Räumen. Dies ist unserem nur dreiköpfigen Team möglich dank der Fachexpertise unserer Mitarbeitenden.
Raymond Wollenberg ist studierter Bauingenieur mit Schwerpunkt Bauproduktionssysteme und Bauproduktionsmanagement und seit Einrichtung der Stabsstelle zum Jahresbeginn 2022 Spezialist für Gebäudedigitalisierung, energetische Gebäudeoptimierung und nachhaltigen Immobilienbetrieb. Zuvor war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bauinformatik der Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH), mit der die Aachener Grundvermögen ein Forschungsprojekt zur digitalen Erfassung und Vermessung von Bestandsimmobilien durchgeführt hatte.
Nicole Hein kommt ebenfalls von der RWTH Aachen und ergänzt das Team seit Juli 2022. Die Datenbankspezialistin in Promotion kann als Allround-Entwicklerin nicht nur die technischen Aspekte einer Anwendung entwickeln, sondern auch die Schnittstellen zwischen den Applikationen gestalten. Dadurch ist ein reibungsloser Fluss von Daten innerhalb der Anwendung, von der Erfassung bis zur Verarbeitung und Speicherung, möglich. Entwickelt wird die App in Zusammenarbeit mit dem auf Vermessungstechnik spezialisierten App-Entwickler Roometric, der die Erfassungsfunktionen der App nach den Vorgaben unseres ESG-Managements gestaltet, welches parallel die Schnittstellen zu den Dokumentenmanagementsystemen (DMS) der Aachener Grundvermögen programmiert.
Die App ”TwinCap” ermöglicht dann künftig den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Liegenschaftsverwaltung und des Baumanagements, Räume und Bauteile mithilfe von iPhones/iPads präzise zu erfassen und als 3D-Punktwolken darzustellen. Die App ermöglicht auch, Gebäude und technische Ausstattung zu segmentieren und genauer zu analysieren. Auf Basis der vertieften Erfassung gelingt es, potenzielle Schwachstellen und Verbesserungsoptionen zu identifizieren und fundierte Entscheidungen zu treffen.
Die Erfassung und Darstellung erfolgt mittels sogenannter Fotomeshes. Das sind dreidimensionale Modelle, die aus einer Sammlung von Fotos erstellt werden, welche durch eine iOS-Laserscanner-App auf dem Smartphone oder dem i-Pad aus verschiedenen Blickwinkeln aufgenommen werden.
Diese Aufnahmen werden in der App TwinCap mittels spezieller Algorithmen weiterverarbeitet. In der resultierenden Gebäudestruktur werden Räume und Objekte strukturiert und um Eigenschaften und Informationen angereichert. . Das Ergebnis ist ein detailliertes, dreidimensionales Modell, das die geometrischen Formen und Oberflächen des realen Objektes widerspiegelt. Sie ermöglichen eine realistische Darstellung von Objekten und Umgebungen in der virtuellen Welt und bieten vielfältige Möglichkeiten für Analysen, Visualisierungen und Simulationen.
In der Anwendung „TwinCap“ können Wirtschaftseinheiten in Gebäude, Etagen und Räume unterteilt werden und einem Fotomesh zugeordnet werden:
Im Anschluss können die Objekte darin segmentiert, klassifiziert werden und mit strukturierten und unstrukturierten Daten angereichert werden:
Strukturierte Daten werden in tabellarischer Form gespeichert und sind in der Regel in einer Datenbank oder einem Datenmanagementsystem organisiert. Bei Immobilien sind das beispielsweise Grundstücks- und Gebäudedaten.
Unstrukturierte Daten hingegen haben keine vordefinierte Struktur und sind nicht in tabellarischer Form organisiert. Sie können in unterschiedlichen Formaten vorliegen und zeichnen sich durch ihre Vielfalt, Heterogenität und uneinheitliche Formatierung aus. Im Falle von Immobilien sind dies beispielsweise Baupläne, Mietverträge, Gutachten oder Fotos von Typenschildern. Diese können in „TwinCap“ als Elemente hinzugefügt werden:
So lassen sich künftig etwa die technischen Anlagen in einer Immobilie analysieren und bewerten, ob diese noch zeitgemäß sind oder energetisch optimiert werden müssen. Auch die Ausprägung der Barrierefreiheit eines Gebäudes lässt sich beispielsweise mit Hilfe von TwinCap bestimmen und entsprechende Veränderungen nachvollziehen.
Derzeit befindet sich die App im Status des sogenannten Minimal Viable Product (MVP), was als Pilotphase übersetzt werden kann, in der die Anwendung getestet wird und Fehler behoben werden. Im Anschluss wird die finale App in den täglichen Gebrauch in den Abteilungen überführt.