ESG-News

CRREM

Das CO2-Tool der EU

Von Jürgen Hagen, Stabsstellenleiter ESG-Management

Aachener Grundvermögen Jürgen Hagen, Stabsstellenleiter ESG-Management

Innerhalb der der Nachhaltigkeitsziele ist die Dekarbonisierung (Reduzierung der klimaschädlichen Treibhausgase) die zentrale Herausforderung.
Das Pariser Klimaabkommen zeigt die Richtung und Größenordnung der erforderlichen Anstrengung deutlich auf. Die EU-Offenlegungsverordnung sowie die seit 1. Januar 2022 gültige Taxonomie bilden den entsprechenden regulatorischen Rahmen im Finanzsektor, der auch den   Immobilienbereich miteinschließt.
Die Erderwärmung soll langfristig auf unter 2 Grad Celsius begrenzt werden. In Deutschland hat die Regierung mit der Änderung des Klimaschutzgesetzes die Klimaziele auf nationaler Ebene verschärft und das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 verankert.

Der Gebäudesektor ist insbesondere durch erhöhte Energiestandards im Neubau und eine entsprechende energetische Sanierungsrate betroffen. Detailziele für Gewerbeimmobilien (Retail, Logistik, Office) wurden bis jetzt vom Gesetzgeber noch nicht definiert, sondern leiten sich aus den jeweiligen Sektorzielen ab. Um einen Näherungswert der Zielsetzungen basierend auf Szenarien zu erreichen, gibt es derzeit mehrere Methoden der Simulation. Das etablierteste Modell auf dem Markt ist die Methodik der Forschungsinitiative CRREM (Carbon Risk Real Estate Monitor), die auch die Aachener Grundvermögen als Grundlage für die Bewertung der CO2-Emissionen auf Immobilien- und Portfolioebene verwendet.

Was ist CREEM?

Die bereits 2017 begründete und mit Fördermitteln der EU finanzierte Forschungsinitiative CRREM hat zum Ziel, auf Basis eines globalen Treibhausgas-Budgets ein Modell zu haben und fortzuschreiben, das als Orientierung für Dekarbonisierungsziele des EU-Gewerbeimmobiliensektors dient. Es werden länder- und sektorenspezifische Treibhausgas-Intensitätspfade (z.B. 2°C) abgeleitet und im CRREM-Tool als Grundlage hinterlegt. Die Analyse von Immobilienportfolios und die Ableitung notwendiger Maßnahmen erfolgt dabei bezogen auf den Zeitraum bis zum Jahr 2050 – analog zu den Pariser Klimazielen.  CRREM definiert somit wissenschaftsbasiert Dekarbonisierungspfade (sog. Pathways). Die Aachener Grundvermögen orientiert sich bei der Analyse der einzelnen Immobilien sowie der Fondsportfolien an dem Dekarbonisierungspfad des 2°C-Ziels, soweit nicht für den jeweiligen Fonds ein ambitionierteres Klimaziel festgelegt ist.

In das CRREM-Tool werden die relevanten energetischen Daten eines Gebäudes sowie weitere Gebäudeinformationen, entsprechend den jeweiligen Nutzungen und des tatsächlichen Verbrauchs eingegeben. Während Energieausweise bei den Nutzungsklassen lediglich zwischen Wohnen und Nicht-Wohnen unterscheiden, wird die Energiebilanz im CRREM-Tool anhand der nutzungsspezifischen Flächenanteile differenziert. Anhand dieser Daten werden der Status Quo und des CO2-Ausstoßes sowie eine Prognose bis zum Jahr 2050 abgeleitet und ins Verhältnis zur festgelegten Absenkkurve gesetzt.

Prinzip Darstellung CRREM-Tool

Schulterschluss von Digitalisierungsstrategie und ESG-Management

Bei fast 400 Immobilien, deren Daten bei der Aachener Grundvermögen über das CRREM-Tool ausgewertet werden müssen, würde dieser Prozess manuell einen unverhältnismäßigen Zeitaufwand bedeuten. Bei der Eingabe der energetischen Basis-Daten der einzelnen Immobilien in das CRREM-Tool kommen uns vielmehr entsprechende Bausteine unserer Digitalisierungsstrategie zugute. So werden beispielsweise mittels der Künstlichen Intelligenz (KI) unseres Daten-Managementsystems Evana – an dem wir uns mit einem Investment durch unsere Tochterfirma AC+X beteiligt haben – sämtliche zu einer Liegenschaft gehörenden Dokumente, und damit auch die Energieausweise, digital erfasst und ausgewertet. Diese Daten müssen um weitere Gebäudeinformationen und Datenquellen, z.B. der SAP-Datenbank, ergänzt werden.
Dazu programmiert unser ESG-Team entsprechende Schnittstellen, mit der die Datengrundlagen automatisiert in das Auswertungs-Tool übertragen werden können.
Der Vorteil begründet sich jedoch insbesondere durch die Anforderungen der Zukunft, da die Daten aus den Energieausweisen zu verfeinern und sich ändernde Parameter stetig nachgeführt werden müssen, damit die Auswertungen und Ergebnisse in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden können. Dies ist erforderlich, um die Assets und die Fonds sowie erforderliche Maßnahmen zielgenau auszusteuern.
Dank dieser eigens entwickelten „ESG-Datenbank“ werden auch künftige Veränderungen bei den Immobilien automatisch über das CRREM-Tool und in die Auswertung eingespeist.

Stranding-Point und Call-to-Action

Anhand der eingegebenen Energiedaten prognostiziert das CRREM-Tool eine CO2-Emission bis zum Jahr 2050. Dieser Ausstoß wird für die einzelnen Nutzungsklassen mit dem gewählten Dekarbonisierungspfad verglichen. Diese Betrachtung ist sowohl für einzelne Assets/Liegenschaften als auch ganze Sondervermögen möglich. In einer graphischen Darstellung markiert der Schnittpunkt beider Kurven den sogenannten Stranding-Point: Der Zeitpunkt, an dem der CO2-Ausstoß einer Liegenschaft oder eines Assets seine Vorgabe übersteigen wird. Diesen Punkt bezeichnen wir als „Call to Action“. Denn soll eine Immobilie oder ein Sondervermögen den Klimazielen entsprechen, müssen spätestens zu diesem Zeitpunkt konkrete Maßnahmen ergriffen worden sein, die eine entsprechende Absenkung bewirken.

Unser Ziel ist es, das entwickelte System noch bis Ende 2022 mit den erforderlichen Daten   sämtlicher Liegenschaften gefüllt zu haben, so dass die Liegenschaften und die Fonds der Aachener Grundvermögen hinsichtlich ihres jetzigen und prognostizierten CO2-Ausstoßes zutreffend bewertet werden.
In der Folge gilt es, die Datengrundlage stetig zu verbessern und durch dynamische Daten (Live-Daten des tatsächlichen Energieverbrauchs) bestmöglich anzureichern. Die CRREM Methode sichert dabei die Transparenz und Vergleichbarkeit.