„Davids Steine“

Es gibt tausend gute Gründe…

… auf dieses Land stolz zu sein. Warum fällt uns jetzt auf einmal kein einziger mehr ein?“ so sang zumindest die Band Tote Hosen ihren Hit aus dem Jahr 1988. In meinem letzten Beitrag habe ich mich damit beschäftigt „Was wir von Paulus über Marketing lernen können…“. Im Sinne einer Mitgliederorientierung ist das für mich eine adressatengerechte Kommunikation. Zum Abschluss hatte ich die Kommunikations-Designerin Eva Jung zitiert, die Marketing positiv als kluge, professionelle und liebevolle Strategien beschrieben hatte, um die vielen leeren Angebote zu übertönen und die Menschen mit dem Gott bekannt zu machen, der echte, anhaltende Erfüllung schenkt.

Quasi passend dazu hat das Erzbistum Paderborn am 23. Juli 2022 einen mutigen Schritt in diesem Sinne unternommen und eine groß angelegte Kommunikationsinitiative gestartet, die auch als Marketingkampagne angesehen werden kann. Unter dem Link https://noch-ein-grund-mehr.de/ werden „1000 gute Gründe“ gesammelt, um so einen Beitrag zu leisten, dass Christinnen und Christen wieder sprachfähig werden – im Sinne ihres Glaubens, ihres Engagements in der eigenen Gemeinde oder am Arbeitsplatz innerhalb der Kirche. Thematisch sollen „1000 gute Gründe“ zu Glauben und Seelsorge, Karriere und Mitarbeit, Einrichtungen und Angeboten, Haltung und Engagement und noch vielem mehr zusammengetragen und veröffentlicht werden.

Es ist davon auszugehen, dass nicht jeder Grund, nicht jedes Motiv der Initiative jede oder jeden gleichermaßen ansprechen wird. Da werden mutige oder demütige Aspekte, humorvolle Fakten, persönlichen Statements, kleine Denkanstöße oder großen Erfolgszahlen gesammelt und angeboten. Ganz im Sinne von Paulus‘ Empfehlung einer adressatengerechten Kommunikation. Diese Vielfalt der persönlichen Zugänge zu Fakten, Überzeugungen, Glauben und Spiritualität ist einerseits inhärenter Teil unserer Kirche, sie gilt es aber gleichermaßen auch auszuhalten und als wertvoll wahrzunehmen. Die vielfältigen Sichtweisen anderer bereichern, wir können von ihnen lernen oder sie einfach diskutieren. Aber machen Sie sich einen eigenen Eindruck:

Motivübersicht der Marketingkampagne Noch ein Grund mehr des Erzbistums Paderborn

Die Initiative kann auch die religiöse Plausibilität des Christentums stärken: Menschen sollten erkennen, dass der christliche Glaube und insbesondere ihre Kirchenmitgliedschaft dabei helfen, das Leben in der Gegenwart zu bestehen.

Hier setzte auch die 2018 vom Bistum Münster gestartete bistumsweite Markenkommunikation an. Hintergrund für die breit angelegte Kampagne war die Erkenntnis aus einer Zufriedenheitsstudie von Kirchenmitgliedern, wonach kirchliche Angebote mit hoher Zufriedenheit genutzt, diese jedoch nicht als kirchlich wahrgenommen werden. Inhalt der Markenkommunikation war unter anderem eine umgestaltete Wort-Bild-Marke sowie eine sogenannte identitätsorientierte Markenführung einer Vielzahl von Einrichtungen. Einrichtungen und Institutionen wie Schulen, Kindergärten und soziale Hilfen, die eine hohe Wertschätzung erfahren und stark frequentiert werden, aber auf den ersten Blick nicht als konfessionelle Einrichtungen zu erkennen sind. Vielleicht auch, weil sie oftmals wichtige Funktionen im Gemeinwesen übernehmen. Hier setzte das Projekt der „Markenentwicklung“ im Bistum Münster an, mit dem versucht werden sollte, kirchliche Angebote stärker als solche erkennbar zu machen.

Ein Motiv der Kampagne 1000 gute Gründe des Bistums Münster

Die groß angelegte Kommunikationskampagne im Rahmen der Markenkommunikation im Bistum Münster fiel im September 2018 mit der Veröffentlichung der Missbrauchsstudie zusammen. Dies führte zu deutlichen Effekten während der Kampagne. Ein solch – aus Sicht der Verantwortlichen – ungünstiges Zusammentreffen mit anderen Ereignissen lässt sich allerdings nicht vermeiden. Auch bei der Sammlung „1000 guter Gründe“ in Paderborn, die auf einen längeren Zeitraum angelegt ist, werden Probleme auftreten und kritische Stimmen erhoben werden. Entscheidend ist, dass die Kampagnen und Initiativen authentisch sind und auch im Zusammenhang mit einer umfassenden Pastoralentwicklung stehen. Marketing bedarf einer auf Datenanalyse basierenden adressatengerechten Kommunikation, muss aber unbedingt auf einem starken inhaltlichen Fundament aufbauen. Oder anders ausgedrückt: Ohne klare, strategische Grundentscheidungen wird jede noch so gut gestaltete Kampagne ins Leere laufen. Es würden – hier zitiere ich noch einmal Eva Jung – Begehrlichkeiten für Dinge geweckt, die am Ende nicht befriedigen, sondern nur leer und arm machen. Ganz so wie den Toten Hosen am Ende des Liedes: „So sehr wir auch nachdenken, uns fällt dazu nichts ein!“