„Davids Steine“

„Was nun, Herr Bischof?“

„Was nun, … ?“ – so fragen die Chefredakteurin des ZDF, Bettina Schausten, und die Nachrichtenchefin Anne Gellinek, regelmäßig wichtige Staatsrepräsentanten über aktuelle Themen, die die Bevölkerung besonders bewegen. „Was nun, Herr Bischof?“ Diese Frage wird in den letzten Wochen in den Gremien katholischer Diözesen immer häufiger gestellt nachdem im November 2023 die ersten Ergebnisse der 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) veröffentlicht wurden. Anfang des Jahres hatte ich Ihnen diese unter der Überschrift „Wie hältst du’s mit der Kirche?“ vorgestellt und Ihnen weitere „Steine“ angekündigt, die ich Ihnen unter der Überschrift „KMU“ in den Garten werfen werde.

In der Zwischenzeit wurden die Ergebnisse an vielen Orten präsentiert, über mögliche Chancen und Risiken diskutiert und mit den Handlungsoptionen weitergearbeitet. Stellvertretend für die intensive Debatte in der evangelischen Kirche, auf die ich in meiner letzten Kolumne eingegangen bin, ein weiterer Artikel auf zeitzeichen.de mit dem Titel „Wie hältst du’s mit der hermeneutischen Sorgfalt?“. Ein weiterer vertiefender Einblick mit ausgewählten religionspädagogischen Befunden der 6. KMU wurde im Themenheft der Zeitschrift für Pädagogik und Theologie veröffentlicht: Von zentralen Erkenntnissen und Herausforderungen für Religionspädagogik und Gemeindepädagogik über religiöse Familiensozialisation im Spiegel der sechsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung bis hin zu Welterschließungsperspektiven und Wertepräferenzen stellen einige der Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats die Ergebnisse der 6. KMU in den Kontext ihrer jeweiligen Forschungsschwerpunkte.

Innerhalb der katholischen Kirche waren die Reaktionen zunächst zurückhaltend, was sicherlich auch damit zu erklären ist, dass erstmals katholische Kirchenmitglieder befragt wurden und insofern keine Routine im Umgang mit den Ergebnissen besteht. Mitte Februar 2024 befassten sich die Bischöfe auf der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz mit den Ergebnissen der 6. KMU.

Zu Beginn des Studienhalbtags gab der bekannte Religionssoziologe em. Prof. Dr. Detlef Pollack eine vertiefte Einführung in zentrale Ergebnisse und stellte diese auch in den Kontext von religiösem Wandel in Europa. Im Anschluss ordnete Prof. Dr. Jan Loffeld diese Befunde pastoraltheologisch ein. Als Professor für Praktische Theologie an der Tilburg University School of Catholic Theology in Utrecht war diese Einordnung vor allem durch seinen Blick auf die Entwicklungen in den Niederlanden geprägt und einmal mehr spannend und erkenntnisreich. Sowohl die weitere Arbeit in den Workshops als auch die Aussprache im Plenum waren geprägt von Offenheit, Ernsthaftigkeit und dem Willen mit diesen Befunden weiterzuarbeiten. Mit einem der letzten Wortbeiträge hob Kardinal Marx die Bedeutung der 6. KMU aus einer Reihe von Studien der vergangenen Jahrzehnte heraus. Meines Erachtens ein Ritterschlag von einem Theologen, der sich in seiner Promotion mit den Möglichkeiten und Grenzen einer soziologischen Betrachtungsweise befasst hat. Kardinal Marx hat übrigens im Rahmen der Frühjahrsvollversammlung eine – wie ich finde – beachtenswerte Predigt gehalten, die auf domradio.de nachgehört werden kann. Er geht darin auf den Gesamtstrategieprozess im Erzbistum München und Freising ein, der vor dem Hintergrund der geringer werdenden Ressourcen angestoßen wurde und bei dem die Wirkung der Pastoral eines der Schlüsselthemen war. Die im dortigen Beratungsprozess gestellte Frage von Seelsorgerinnen und Seelsorgern „Wie kann man denn die Wirkung des Evangeliums messen?“ beantwortet er gleich zu Beginn seiner Predigt. Hier schließt sich der Kreis zu meinen vergangenen Beiträgen „Kirche ist an den Wegmarken im persönlichen Leben präsent“ oder „… und mit euch gehen in ein neues Jahr“.

Der wissenschaftliche Beirat befasste sich noch vor Ostern mit den letzten Beiträgen für den Auswertungsband, der im zweiten Halbjahr 2024 erscheinen und zahlreiche weitere Ergebnisse der 6. KMU im Detail vorstellen wird: von der religiösen Bewältigung der COVID-19 Pandemie, über Kasualien, religiöse Sozialisation oder Gottesdienstteilnahme online bis hin zu der Frage ob das Geschlecht noch einen Unterschied macht. Seien Sie gespannt und interessiert! Ich selbst beschäftige mich aktuell mit den regionalisierten Ergebnissen sowie dem bereits angekündigten ökumenischen Kirchenatlas. Ein zugegeben kleiner Beitrag zu der von Kardinal Marx empfohlenen Wirkungsorientierung.


Zum Abschluss möchte ich Sie noch auf das Hirtenwort 2024 von Bischof Dr. Michael Gerber aufmerksam machen. Besser gesagt auf das Video dazu, dass die ZEIT Mitte Februar unter dem Titel „Influencer im Namen des Herrn“ vorgestellt hat. Es ist bereits das dritte derartig aufbereitete Hirtenwort aus Fulda und auch die Videos zu den Hirtenworten 2022 und 2023 sind sehens- und hörenswert! Hier schließt sich der Kreis zur 6. KMU und das säkulare Driften der Gesellschaft: Die Botschaften von Bischof Dr. Michael Gerber sind von tiefem Glauben geprägt und hochgradig anschlussfähig! Seine Perspektiven für Gottes Volk von heute hat er übrigens Anfang 2024 in dem lesenswerten Buch „In der Tiefe der Wüste“ beim Herder Verlag veröffentlicht. Ich habe die spannenden „Geschichtchen“ auf den 150 Seiten an einem Sonntag „verschlungen“.