„Davids Steine“

Die Zeit zu beginnen ist jetzt

Eine Kolumne von Dr. David Gutmann

Wegen der Corona-Pandemie konnten im vergangenen und auch im laufenden Jahr zahlreiche Taufen nicht stattfinden. Das ist angesichts der Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie nicht überraschend. In seinem Kolumnenbeitrag „Die Zeit zu beginnen ist jetzt“ stellt sich Dr. David Gutmann der Frage, ob und wie Gemeindearbeit aktiv das Nachholen der ausgebliebenen Taufen beeinflussen kann – und damit langfristig auch ihre Mitgliederentwicklung:

Auch wenn die Zahlen der kirchlichen Statistik erst Mitte des Jahres veröffentlicht werden. Eines dürfte angesichts der Kontaktbeschränkungen im Jahr 2020 klar sein: Die Zahl der Taufen wird – unabhängig ohnehin beobachtbarer langfristiger Trends – deutlich eingebrochen sein. Die Taufe – sonst ein Fest, bei dem der Täufling von Familie, Freunden und der ganzen Kirchengemeinde willkommen geheißen wird – ist vielerorts ausgefallen. Eltern von Kindern, die in den Jahren 2019 und 2020 geboren wurden, haben angesichts der Corona Pandemie darauf verzichtet.

Bereits im Jahr 2019 wurde die Freiburger Studie zu Kirchenmitgliedschaft und Kirchensteuer veröffentlicht. Anfang März ist jetzt das Grundlagenwerk #projektion2060 dazu beim Neukirchener Verlag erschienen. Eine der wesentlichen Erkenntnisse war, dass für die projizierte Halbierung der Kirchenmitgliederzahlen bis zum Jahr 2060 nicht nur der viel beschworene demografische Wandel verantwortlich ist. Kirchenspezifische Faktoren spielen eine beinahe doppelt so große Rolle für den Rückgang! Nicht nur den kirchlichen Verantwortlichen wird dabei angesichts dieser Nachricht intuitiv die hohe Zahl der Kirchenaustritte einfallen. Das ist zwar richtig, aber gerade auch die unterbliebenen Taufen haben starke Auswirkungen auf die Mitgliederentwicklung und damit langfristig auch auf die finanziellen Möglichkeiten der Kirchen.

Mein Kollege, Dr. Fabian Peters und ich haben in den vergangenen Jahren bei zahlreichen Präsentationen und Interviews regelmäßig Impulse gegeben, die wir aus der Analyse der statistischen Daten gewonnen haben. Einer davon war aktiv auf Eltern Neugeborener und nicht getaufter Kinder zuzugehen, um sie zur Taufe ihrer Kinder einzuladen. Nach unserem ökonomischen Verständnis sollten die Hürden dafür so niedrig wie möglich gestaltet werden, damit diese Entscheidung möglichst leicht fällt. Das kann zum Beispiel das Angebot spezieller Taufgottesdienste oder Tauffeste sein. Ideen und in der Praxis erprobte Best-Practice-Beispiele sind zahlreich vorhanden und können (weiter-)entwickelt und auf die Gegebenheiten und Bedürfnisse vor Ort angepasst werden.

„Die Zeit zu beginnen ist jetzt. Der Ort für den Anfang ist hier.“ Mit diesen Worten beginnt ein bekanntes christliches Lied. Die Verantwortlichen in den Bistums- und Kirchenleitungen, aber auch in den Kirchengemeinden vor Ort sollten das beherzigen und die (Corona-)Krise als Chance für einen Anfang verstehen. Was spricht dagegen, den konfessionellen Eltern von in den vergangenen beiden Jahren geborenen Kindern eine Grußkarte zu senden. Eine entsprechende Meldung erfolgt automatisiert über den im Meldegesetz geregelten Datenaustausch zwischen staatlichem und kirchlichem Meldewesen. So besteht die Möglichkeit zur Geburt des Kindes zu gratulieren und gegebenenfalls direkt zur Feier der Taufe einzuladen. Wenn ein solcher Gruß vom Bischof höchst persönlich kommt und wertig und damit wertschätzend produziert wird, dann landet die Grußkarte vielleicht nicht zusammen mit anderen Werbeprospekten direkt im Papierkorb. Die bereits angesprochenen speziellen Taufgottesdienste und -feste mit Eventcharakter könnten durch Unterstützung von Bischöfen und Kirchenleitenden für zusätzliche Aufmerksamkeit sorgen.

„Hier und jetzt“ so endet das zitierte christliche Lied. Das sollte als Auftrag verstanden werden nicht neue Konzeptpapiere zu schreiben und über die Finanzierung zu streiten. Vielmehr gilt es konkret zu handeln. Ganz im Sinne des in der Demografieforschung gerne benutzen afrikanischen Zitats: „Die beste Zeit, einen Baum zu pflanzen, war vor zwanzig Jahren. Die nächstbeste Zeit ist jetzt.“