„Davids Steine“

Wir feiern heut‘ ein Fest

Eine Kolumne von Dr. David Gutmann

„… und laden alle ein“. In meiner ersten Kolumne habe ich unter dem Titel ‚Die Zeit zu beginnen ist jetzt‘ dafür geworben, aktiv auf die Eltern Neugeborener und nicht getaufter Kinder zuzugehen, um sie zur Taufe ihrer Kinder einzuladen. Dies auch, weil die Taufe ein beliebtes Sakrament zur Segnung der Kinder am Lebensanfang ist. Im Jahr 2012 gaben beinahe 90 Prozent der evangelischen Kirchenmitglieder in Deutschland an, dass sie ihr Kind taufen lassen wollen. Zwar liegt die Befragung der fünften Mitgliedschaftsuntersuchung der Evangelischen Kirche mittlerweile beinahe zehn Jahre zurück, es kann dennoch vermutet werden, dass die Taufe nach wie vor hohen Zuspruch sowohl bei den Mitgliedern der evangelischen als auch der katholischen Kirche genießt.

Aktuell laufen die Vorbereitungen für die sechste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung, kurz KMU, für die im kommenden Jahr wieder Kirchenmitglieder befragt werden sollen. Erstmals wird die Befragung – auch dank der erfolgreichen ökumenischen Zusammenarbeit bei der Freiburger Studie – auch auf Katholikinnen und Katholiken ausgeweitet. Zusammen mit mitgliedschaftlich nicht Gebundenen wird damit ein breiter Querschnitt der deutschen Bevölkerung abgedeckt. Die beiden großen christlichen Kirchen möchten damit gemeinsam die Lage genau analysieren, um die Lebenssituation und die Bedürfnisse der Gläubigen und der Gesamtgesellschaft genauer kennenzulernen. Ich freue mich, dank meiner Berufung in den wissenschaftlichen Beirat der sechsten KMU, an dieser Analyse mitwirken zu können und so die exklusive Möglichkeit zur Forschung mit hochrelevanten Daten zu erhalten.

„Wir feiern heut‘ ein Fest und kommen hier zusammen“ so beginnt das eingangs zitierte Lied. Angesichts zurückgehender Infektionszahlen und der Lockerungen der Beschränkungen ist es jetzt nach und nach wieder möglich zusammen die Taufe zu feiern. Dabei werden – angesichts des gesellschaftlichen Trends zur Individualisierung – auch immer wieder besondere Tauffeiern und Taufen an besonderen Orten angefragt. Gibt man den Begriff „Tauffest“ in die einschlägigen Internet-Suchmaschinen ein, so erhält man zahlreiche Ergebnisse: Bilder, Texte und Stimmen beispielsweise vom Elbtauffest aus Hamburg (www.elbtauffest.de) oder dem Tauffest an der Alb der Evangelischen Kirche in Karlsruhe (www.tauffest.info). Dabei setzen die Organisatoren auf die Erfolgsfaktoren von Events: Schöne und beeindruckende Szenerie und Dramaturgie, besondere Attraktion und das Gefühl des Einmaligen und Außergewöhnlichen sowie schließlich die perfekte Planung des Ereignisses bis ins kleinste Detail.

Was vielleicht nach inszenierter Heiterkeit klingt, hat im Sinne der Mitgliederorientierung ganz praktische und vielleicht nicht auf den ersten Blick erkennbare Vorteile. Die Verantwortlichen des Elbtauffests – 2019 wurden ca. 500 Menschen in der Elbe getauft – berichten, dass an solchen Tauffesten „vor allem auch Kirchenmitglieder teilnehmen, die nicht allzu eng mit ihrer Gemeinde verbunden sind, […] die nicht in klassischen Familienkonstellationen leben und vielleicht auch nicht so viel Geld haben.“ Das deckt sich mit einem der Befunde der fünften KMU, wonach alleinerziehende Mütter zwar ein großes Interesse an der Taufe haben, ihre Kinder allerdings seltener taufen lassen als Verheiratete.

Die genannten Beispiele stammen allesamt aus evangelischen Kirchengemeinden. Eine kurzfristige Internetrecherche ergab keine Treffer für die katholische Kirche. Nach dem katholischen Kirchenrecht, dem Codex Iuris Canonici, ist eine Taufe in der eigenen Pfarrkirche – beziehungsweise der der Eltern – vorgesehen und nur in absoluten Ausnahmefällen darf diese im Krankenhaus, in Privathäusern oder an einem „anderen geziemenden Ort“ gefeiert werden. Dabei geht es auch darum, dass der Täufling „der Kirche eingegliedert“, also in die Pfarrgemeinde vor Ort aufgenommen wird. Allerdings sind individuelle Familien-Tauffeiern außerhalb der regulären Gottesdienste erlaubt und werden auch in vielen Fällen praktiziert. Und auch Gottesdienste unter freiem Himmel werden gefeiert – zumindest zu besonderen „Events“, wie zum Beispiel an Fronleichnam. Gerne erinnere ich mich auch noch an den Papstbesuch im Jahr 2011 zurück, als Papst Benedikt mit 100.000 Gläubigen auf dem Gelände des Flugplatzes Freiburg bei strahlendem Sonnenschein Eucharistie feierte.

Vielleicht können die vielen – durch die Beschränkungen der vergangenen Monate – unterbliebenen Taufen ein Anlass sein, kirchenrechtlich eine Ausnahme zuzulassen, um Tauffeste mit eventkulturellen Zügen nach dem Vorbild der evangelischen Kirche zu erproben. Als Ausnahme und als Event einmal im Jahr, bei dem die ganze Gemeinde mitfeiern kann.