„Davids Steine“

Handlungsansätze für moderne christliche Gemeindearbeit

Eine Kolumne von Dr. David Gutmann

„Die Zahl der Mitglieder der beiden großen Kirchen in Deutschland wird sich bis zum Jahr 2060 halbieren.“ Zu diesem Ergebnis kommt die sogenannte Freiburger Studie des Forschungszentrums Generationenverträge der Universität Freiburg.

Zu 40 Prozent ist dieser Rückgang im demografischen Wandel begründet, doch der Großteil des Rückgangs ist auf kirchenspezifische Faktoren zurückzuführen: Immer weniger Eltern lassen ihre Kinder taufen, gleichzeitig treten immer mehr erwachsene Mitglieder aus der Kirche aus. Schon im Jahr 2035 werden – so die Ergebnisse der Freiburger Studie – die evangelische und katholische Kirche in Deutschland 22 Prozent weniger Mitglieder haben als noch im Jahr 2017, die Kirchensteuerkraft wird um ein Viertel sinken.

Der Trend des Mitgliederrückgangs ist nicht neu: Im Jahr 1960 waren noch knapp 94 Prozent der (westdeutschen) Bevölkerung Kirchenmitglieder, nach der Wiedervereinigung im Jahr 1995 waren es noch 70 Prozent der Gesamtbevölkerung, im Jahr 2017 nur noch 54 Prozent. Geht diese Tendenz weiter wie bisher, werden im Jahr 2060 nur noch 31 Prozent der Deutschen Mitglied in einer der beiden großen christlichen Kirchen sein. Schon in vier Jahren rechnen die Autoren der Freiburger Studie damit, dass weniger als die Hälfte der in Deutschland lebenden Menschen keiner der beiden großen Kirchen mehr angehören wird.

Dr. David Gutmann, der zusammen mit seinem evangelischen Kollegen, Dr. Fabian Peters für die Freiburger Studie als wissenschaftlicher Mitarbeiter verantwortlich zeichnet, gibt sich nicht damit zufrieden, die Probleme zu beschreiben und aufzuzeigen. Er eruiert die Gründe dafür und sucht davon ausgehend nach Lösungsansätzen für die aktive Gemeindearbeit. Denn die Freiburger Studie macht deutlich, dass dieser Trend durch mehr Taufen – also die Aufnahme von neuen Mitgliedern – und das gleichzeitige Absenken der Kirchenaustritte, zumindest abgemildert werden kann. Deshalb ist es wichtig, den jugendlichen Kirchenmitgliedern und jenen im jungen Erwachsenenalter mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Denn die meisten Austritte finden in den späten zwanziger Jahren statt, gleichzeitig ist es überwiegend diese Altersgruppe, deren Kinder als neue Mitglieder aufgenommen und getauft werden könnten. Die Wahrnehmung in dieser Altersgruppe sollte dafür geschärft werden, dass die Kirche in einer immer älter werdenden Bevölkerung einen wichtigen Beitrag mit ihrem Netzwerk aus Pflegedienstleistern, Wohlfahrtsverbänden, Kindertagesstätten, Bildungseinrichtungen, Beratungsangeboten, Anbieter von sozialem Wohnraum und als Arbeitgeber einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung der Gesellschaft erbringt.

Gutmann, Peters sowie deren Co-Herausgeber sind überzeugt, dass das nur mit einer koordinierten und idealerweise ökumenischen Netzwerkarbeit gelingen kann. In ihrem Buch „Kirche – ja bitte!“ zeigen sie daneben weitere innovative Modelle und strategische Perspektiven gelungener Mitgliederorientierung auf und wagen mit ihrem ökumenischen Netzwerk im Zusammenspiel von Wissenschaft und Praxis einen optimistischen Blick in die Zukunft. In seiner Kolumne „Davids Steine“ wird Dr. David Gutmann exklusiv für die Anleger des Aachener Grund-Fonds Einblicke in die Erkenntnisse des Buches „Kirche – ja bitte“ und die Freiburger Studie insgesamt geben und aufzeigen, welche Ansatzpunkte für Handlungsmöglichkeiten sich daraus für die Kirchen ergeben.

Der erste Kolumnenbeitrag im kommenden Newsletter beschäftigt sich mit Taufen, die im Jahr 2020 wegen der Corona-Pandemie in den Gemeinden teilweise nicht stattfinden konnten. Das ist angesichts der Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie nicht überraschend. Gutmann stellt sich jedoch der Frage, ob diese unterbliebenen Taufen nachgeholt werden und wie Gemeindearbeit dies – und damit ihre Mitgliederentwicklung – aktiv beeinflussen kann.